CE Wirtschaft Regional, 20. Oktober 2012
Interview: Salome Kern
„Gute Stimmung ist eine Frage der Einstellung“
Selbstmotivation beginnt mit der Klarheit über den Sinn des eigenen Lebens. Wozu bin ich überhaupt hier? Laut Günther Payr erhält man eine positive Einstellung, wenn man sich bewusst für das Leben entscheidet.
Wie motivieren Sie sich an einem kalten, regnerischen Tag morgens aus dem warmen Bett aufzustehen?
Die beste Methode, die ich kenne, stammt von Jens Corssen und seinem Programm „der Selbst-Entwickler®“. Er nennt sie die Bettkantenübung. Bevor man aufsteht, macht man sich bewusst, dass man ja nicht aufstehen (und arbeiten gehen) MUSS. Schließlich hält mir niemand die Pistole an die Schläfe und zwingt mich dazu. Ich bin ein Schnäppchenjäger und stelle mir die Frage: „Mach ich heute mit? Was kostet mich das, wenn ich im Bett bleibe?“ Wenn ich also die Entscheidung treffe, heute wieder mitzumachen, weil ich das WILL (da mir die Konsequenzen oder Alternativen zu teuer bzw. zu unbequem sind), nehme ich mir gleichzeitig vor, mein Bestes zu geben. Nur wenn Sie das Gefühl haben, keine Wahl zu haben, fühlen Sie sich als Opfer und leiden.
Wo fängt die Selbstmotivation an?
Erstens mit der Klarheit über den Sinn meines (nicht des) Lebens. Wozu bin ich hier? Möchte ich einen Beitrag leisten, mich weiterentwickeln oder genügt mir regelmäßig Schweinsbraten und Bier? Es ist egal, was es ist, man sollte nur wissen, wofür man lebt.
Zweitens hilft die konkrete Vorstellung meines idealen Lebens (Klarheit über private, berufliche und vielleicht spirituelle Ziele) und die Arbeit daran, mein Leben kontinuierlich in diese Richtung zu entwickeln – ohne dabei mein Glück von der Verwirklichung meines Ideals abhängig zu machen. Auch wer schon viele Erfolge in seinem Leben hatte, weiß, dass „da draußen“ uns nachhaltig nichts glücklich machen kann. Gute Stimmung ist eine Frage der Einstellung.
Wie erhält man eine positive Einstellung?
Indem man sich grundsätzlich für das Leben entscheidet. Man trifft die bewusste Entscheidung, nicht länger gegen das zu sein, was gerade geschieht. Eine positive Einstellung verfestigt sich, wenn man diese Entscheidung täglich aufs Neue trifft.
Daher helfen Verständnis und Mitgefühl für sich selbst, und die Akzeptanz gegenüber der Achterbahn des Lebens. Im Frieden sein mit Unzufriedenheit: das nenne ich Infriedenheit.
Ich bin damit in Frieden, das bestimmte Dinge (noch) nicht so sind, wie ich sie gerne hätte und arbeite daran, diese zu ändern. Gleichzeitig bin ich dankbar und glücklich für all das Schöne in meinem Leben und für das, was ich schon erreicht habe.
Ist es tatsächlich möglich die eigene Haltung zu ändern?
Ja, und zwar nur durch kontinuierliche und konsequente Steigerung meiner Fähigkeit mich beim Denken und Handeln zu beobachten. Mit Achtsamkeit habe ich die Möglichkeit mich bei ungünstigen Denkhaltungen zu erwischen, und kann diese durch günstige Einstellungen ersetzen. Nur wer mitkriegt, was er denkt, kann damit aufhören. Die Entwicklung und Festigung einer neuen Denkhaltung erfordert Bewusstheit (Achtsamkeit), Disziplin (Selbstüberwindung) und Übung (Wiederholung).
Wenn die Motivation für die Arbeit fehlt, liegt das immer an der eigenen Einstellung?
Ja, auch wenn man es nicht gerne hört. Sie MÜSSEN einer Arbeit nicht nachgehen. Sie kennen die Rahmenbedingungen (die Führungskräfte, die Kollegen, die Tätigkeit an sich) und haben jederzeit die Wahl eine Entscheidung zu treffen. Ein Hindernis für mangelnde Selbstmotivation kann ein Konflikt in der Wertehierarchie sein. Doch auch wenn man zunehmend den inneren Widerstand spürt, muss man seiner Tätigkeit nicht missmutig nachgehen, solange man sie ausübt. Natürlich kann es manchmal private Hintergründe geben, die dazu führen, dass einem eine Zeit lang gar nichts freut, doch das kennt man und das geht vorbei.
Was, wenn gar nichts mehr hilft?
Wenn gar nichts mehr hilft, brauchen Sie auf jeden Fall Raum und Zeit für Selbstreflexion und Besinnung. Im Zustand der Achtsamkeit können Sie sich Grundsätzliches wieder bewusster machen. Das, was verstimmt und belastet, ist zumeist nicht die Situation an sich, sondern die Geschichte, die man sich dazu erzählt. Diese hat meistens den Hintergrund, dass das Leben nicht so sein sollte, wie es gerade ist. Dieser Widerstand gegen die Gegebenheiten des Lebens kostet sehr viel Kraft und Energie, denn wenn man mit dem Leben streitet, verliert man. In diesem Zustand der Selbstreflexion kann man sich klar machen, dass alles nur die Bedeutung hat, die ich ihm beimesse. Nichts MUSS sein, alles darf sein. Auch Sie MÜSSEN nichts Bestimmtes sein oder tun. In der Besinnung übe ich mich darin, alle Erwartungen fallen zu lassen „wie etwas sein sollte“. „Sollte“ ist lediglich ein Gedankenkonstrukt.
Wie können Arbeitgeber die Selbstmotivation ihrer Angestellten fördern?
Klare Anweisungen, klare Vereinbarungen und klare Ziele sind immer günstig. Jeder Mensch fühlt sich wohl, wenn er möglichst genau weiß, was von ihm erwartet wird.
„Jeder Mensch hat Recht in seinem Angst- und Denksystem.“ – „Mit dem Menschen freundlich, in der Sache klar und konsequent.“ sind Merksätze, die (immer wieder in Erinnerung gerufen) zu einer Haltung führen, die das tägliche Miteinander einfacher macht.